Gerhard Schneider Meistermodel Doppelhorn

Moderatoren: Dr. Enrico Weller, Mario Weller

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cmayer
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Gerhard Schneider Meistermodel Doppelhorn

Beitrag von cmayer »

Sehr geehrter Herren Weller,

ich besitze ein Doppelhorn F/B Gerhard Schneider Meistermodell Sponsored by Boosey and Hawkes (Inschrift Schallstück), Seriennummer 125468M (Inschrift Mundrohr). Das Instrument ist ein Nachbau des Vorkriegsmodells Alexander 103 (11,9 mm Bohrung, Mechanik Umschaltventil, Rohrführung F Schlaufe), ist versilbert und besitzt eine Schnurmechanik.

Mich würde interessieren, zb wann und evtl vom wem dieses Instrument gebaut wurde. Darüber hinaus würde ich gerne etwas mehr von Gerhard Schneider erfahren und wie er evtl. mit Hr. Crönlein, Hans Hoyer oder Herbert Fischbach in Verbindung stand und was seine Aufgabe beim VEB war.

Falls Sie noch weitergehende Informationen zum Instrument haben (ist die Schnurmechanik Original,...), würde ich mich freuen, wenn Sie mir diese ebenfalls mitteilen könnten.

Bei einigen meiner Instrumente habe ich noch die Orginalrechnung (1984) sowie Kopien der Produktionsstammkarten. Es würde mich deshalb sehr freuen, wenn Sie eine Kopie des Seriennummerneintrages für mich machen könnten, wenn dies möglich ist.

Ich bedanke mich für Ihre Mühe.

Mit freundlichen Grüßen

Christoph Mayer

Mario Weller
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Re: Gerhard Schneider Meistermodel Doppelhorn

Beitrag von Mario Weller »

Sehr geehrter Herr Mayer,

lange habe ich auf eine solche Frage, aber besonders auf den "Nachweis" eines solchen Doppelhorns gewartet. Ihr Horn wurde -wie die anderen Hoyer-Hörner auch- in der Brigade (heute Team genannt) Hans Hoyer, im Werk II des VEB B & S in Klingenthal angefertigt. Meinen Einträgen folgend, wurde es gegen Ende des Jahres 1976 gebaut. Gerne werde ich Ihnen bei Gelegenheit einmal den Original-Eintrag abfotografieren.
Gerhard Schneider (1924-2002) war bis 1991 Mitarbeiter der Brigade Hans Hoyer, dass 6-Loch-Modell wurde ab 1965 teilweise auch unter seinem Namen nach England exportiert. Gerhard Schneider legte mit Hans Hoyer zusammen die Meisterprüfung ab und war auch über all die Jahre Kollege in dieser Abteilung. Chef war jedoch immer Hans Hoyer, Gerhard trotz der gelegentlichen Verwendung seines Namens im Prinzip ein normaler Mitarbeiter.
Da Andreas Crönlein den mir übermittelten Informationen zur Folge um 1955 Klingenthal zurück in Richtung Mainz verlassen hat, haben sich auch alle von Ihnen genannten Instrumentenmacher (Schneider, Hoyer, Fischbach und Crönlein) im Zeitraum davor bestens gekannt.


So viel für heute und mit freundlichen Grüßen

Mario Weller

cmayer
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Re: Gerhard Schneider Meistermodel Doppelhorn

Beitrag von cmayer »

Sehr geehrter Herr Weller,

vielen Dank für die sehr schnelle Antwort an einem Sonntag. Wenn Sie möchten kann ich Ihnen nächste Woche ein paar Bilder auf Ihre email Adresse zusenden oder wenn ich in Markneukirchen bin (1-2 x pro Jahr bei Christian Knopf) auch das Horn vorbeibringen.

Ich möchte jetzt nicht in übertriebener Weise schwärmen, aber das Horn hat einen sehr ausgewogenen und mehrschichtigen Klang in der Höhe als auch der Tiefe, ausgezeichnete Intonation und Spielbarkeit. Sehr tragfähig als auch wunderbar leise. Alle Ventile sind dicht. Steht seinem "Vorbild" in KEINSTER Weise nach.

Ich bin doch überrascht, dass das Horn erst 1976 gebaut wurde, da ich aufgrund verschiedener Interneteinträge (Alex 103 Vorkriegsmodell Werkzeuge Kriegsbeute der Britischen Armee, Boosey and Hawkes Model Imperial aus den 60- ern) das Herstellerjahr Ende 50/ Anfang 60-er verordnet habe.

Wie kann ich Ihr warten auf das lange warten eines Nachweis eines solchen Models verstehen ? Wieviel Stücke dieses Models wurden produziert ?

ich bedanke mich nochmals für diese sehr interessanten Informationen und wünsche Ihnen noch einen schönen Sonntag.

Mit freundlichen Grüßen

Christoph Mayer

Mario Weller
Metallblasinstrumentenbaumeister
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Re: Gerhard Schneider Meistermodel Doppelhorn

Beitrag von Mario Weller »

Sehr geehrter Herr Mayer,

über die Gesamtzahl aller angefertigten 6-Loch-Hörner des VEB B & S (und deren Vorgängerfirmen VEB Sächsiche Musik und Ernst Hess Nachf.) gibt es noch keine Aufstellung. Ob der enorm hohen Anzahl an Metallblasinstrumenten welche das Werk II in Klingenthal verließen, hat sich noch niemand an diese Mamutaufgabe gewagt.

Der Hinweis, ich warte schon lange auf DIESES Modell soll so zu verstehen sein, dass mir persönlich noch keines mit eben der Gravur Gerhard Schneider begegnet ist. Mir wurde vor Jahren darüber berichtet, aber eine auch nur annähernde Aussage über die Anzahl konnte ich leider bisher von niemanden bekommen. So hätte man zu dem Schluss kommen können, dass es sich dabei nur um eine kurzzeitige Anwendung dieses Namens gehandelt haben könnte.
Meistens wurde dieser Nachbau als "Crönlein-Modell" bezeichnet und erhielt die Gravuren "Weltklang" und "Weltklang Solist".


Mit freundlichen Grüßen

Mario Weller

dszy
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Re: Gerhard Schneider Meistermodel Doppelhorn

Beitrag von dszy »

http://conmoto.jp/diarypro/diary.cgi?no=406

Entstammt das Heinrich Zalzer "103" Horn ebenfalls dieser Produktion?

dszy
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Re: Gerhard Schneider Meistermodel Doppelhorn

Beitrag von dszy »

Ich bin seit dieser Woche nun auch Besitzer eines VEB B&S 6-Loch-Hornes. Leider wurden bei vorherigen Reparaturen sowohl Serien Nummer als auch Gravur entfernt.
Eine Frage ergab sich für mich jedoch:
Wurden diese Instrumente nach Wunsch als B/F oder F/B angefertigt. Meines ist in F/B und läss sich, im Gegensatz zur Vorkriegsversion des Mainzer 6-Loch Horn, aber nicht nach B/F umstellen.

Wie immer, Vielen Dank für Ihre Hilfe, und besste Grüße in die sächsische Heimat

Mario Weller
Metallblasinstrumentenbaumeister
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Re: Gerhard Schneider Meistermodel Doppelhorn

Beitrag von Mario Weller »

Hallo dszy,

das ist eine sehr interessante Entdeckung und Frage daraus! Wir gehen ja beim modernen Doppelhorn immer davon aus, dass die Möglichkeit des "Umhängens" des Umschaltventils besteht. Daher hat sich vielleicht noch niemand Gedanken gemacht, seit wann dies möglich ist bzw. welche Werkstatt dies zum ersten Mal anbot.
Da das VEB B & S 6-loch-Modell (ca. ab Mitte der 1960er Jahre) meines Wissens ausschließlich exportiert wurde - unter dem Markennamen "Gerhard Schneider" nach England - war es wohl nicht notwendig, die Funktion des Drückers auf Umstellung zu bauen. Meine damit, man wusste das es auf einem "F-lastigen" Markt kommt und das B-Horn selten nur zugeschaltet wird. Auch sollten wir davon ausgehen, dass der Kunde vor Bestellung oder generell mitgeteilt hat, welche Grundeinstellung er haben möchte.
Das ganze schließt aber die Grundeinstellung von B sowie die Veränderung des Umschalters zur Möglichkeit des "Umhängens" zu einem späteren Zeitpunkt nicht aus. Schade das bei Ihrem Horn die Seriennummer entfernt wurde, sonst könnte hier die Recherche beginnen.

Ihre Frage veranlasst, dass wir in Zukunft genauer hinsehen sollten. Vielleicht ergibt sich durch Vergleiche mehrerer Instrumente einmal ein Überblick.


Mit freundlichen Grüßen

Mario Weller

dszy
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Re: Gerhard Schneider Meistermodel Doppelhorn

Beitrag von dszy »

Vielen Dank für Ihre Antwort.

Eine Bild Suche hat verschiedene positionen des Hufeisen - Ventil Anschlages gezeigt.
Dateianhänge
weltklang_crönlein2.jpg
weltklang_crönlein2.jpg (47.4 KiB) 6634 mal betrachtet
G_schneider_6loch.jpg
G_schneider_6loch.jpg (70.8 KiB) 6634 mal betrachtet

dszy
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Re: Gerhard Schneider Meistermodel Doppelhorn

Beitrag von dszy »

Hier eine VEB Saechsiche Musikinstrumenten Fabriken 6-Loch Horn mit E/A Ventil (quasi 104) mit umhängbarem Wechselventil.
Dateianhänge
veb6loch104_4.jpg
veb6loch104_1.jpg
veb6loch104.jpg

Mario Weller
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Re: Gerhard Schneider Meistermodel Doppelhorn

Beitrag von Mario Weller »

Hallo dszy,

vielen Dank für das Einstellen der Fotos des Doppelhorns! Der Erhaltungsgrad scheint sehr ordentlich zu sein. Besteht die Möglichkeit nachzusehen (oder nachzufragen), ob sich außer den üblichen Ventil-Kennzeichnungen noch weitere Zahlen, Buchstaben oder Zeichen auf dem Horn befinden?


Mit freundlichen Grüßen

Mario Weller


P.S.: Die Zeit sich intensiv mit Crönlein, VEB Sächsische Musik, Weltklang Solist, Boosey & Co., Gerhard Schneider etc. zu beschäftigen wird kommen! Ich bin über jegliche Information und Austausch darüber dankbar.

tsun
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Re: Gerhard Schneider Meistermodel Doppelhorn

Beitrag von tsun »

Sehr geehrte Forummitglieder,

ich möchte zu Beginn meiner Anfrage allen danken, die bisher wertvolle Informationen und Einblicke geteilt haben. Nun habe ich einige spezifische Fragen zu meinem kürzlich erworbenen Horn, von dem ich hoffe, dass ihr mir weiterhelfen könnt.

Ich habe kürzlich ein Horn von einem Mann erworben, der erwähnte, dass es von einem ehemaligen Hornspieler stammt, der vor 1989 gespielt hat. Die gravierte Markierung auf dem Schallstück ist schwer zu lesen, aber anhand der verbleibenden Spuren ähnelt sie stark dszys VEB Saechsiche Musikinstrumenten Fabriken 6-Loch Horn, obwohl es sich um ein Modell 103 handelt. Der Hufeisen-Ventilanschlag erscheint ähnlich dem weltklang crönlein Horn, das zuvor erwähnt wurde. Es ist erstaunlich, dass das Horn anscheinend seit langer Zeit unberührt war, aber dennoch sehr gut spielt.

Ich habe einige spezifische Fragen, die ich gerne stellen würde:

Können Sie mir anhand der bereitgestellten Informationen eine grobe Schätzung des Herstellungsjahres dieses Horns geben?

Ich habe versucht, die Seriennummer am Instrument zu finden, aber nach eingehender Untersuchung konnte ich sie nicht lokalisieren. Könnten Sie mir bitte Anleitung geben, wo ich die Seriennummer finden könnte?

Die Erhaltung des Horns scheint ausgezeichnet zu sein, und es scheint kaum gespielt worden zu sein. Allerdings bin ich verwundert, warum die gravierte Markierung auf dem Schallstück so schwach ist. Gibt es einen Grund, warum sie im Laufe der Zeit verblassen könnte?

Zusätzlich zu diesem Horn besitze ich auch ein Modell 104 von Gebr. Alexander mit der gravierten Markierung "made in W-Germany". Mir ist aufgefallen, dass das 104-Modell zwei Nahtlinien auf dem Schallstück hat, während das VEB-Horn nur eine Nahtlinie aufweist. Außerdem scheint das Hauptstimmzugrohr des 104-Modells im Vergleich zu den meisten 103-bezogenen Hörnern kleiner zu sein. Könnten Sie mir bitte erklären, welche Unterschiede es zwischen diesen beiden Modellen gibt und welche Bedeutung sie haben?

Ich würde mich sehr über jegliche Erkenntnisse, Informationen oder Empfehlungen freuen, die Sie mir geben können. Wenn Sie für die Identifizierung Bilder des Horns benötigen, lassen Sie es mich bitte wissen, und ich werde sie gerne zur Verfügung stellen.

Vielen Dank im Voraus für Ihre Hilfe und Expertise!

Mit freundlichen Grüßen,
Dateianhänge
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104.jpg

Mario Weller
Metallblasinstrumentenbaumeister
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Re: Gerhard Schneider Meistermodel Doppelhorn

Beitrag von Mario Weller »

Sehr geehrte Frau / sehr geehrter Herr "tsun".

Mein Glückwunsch zum Erwerb des 6-Loch-Horns des "VEB Sächsische Musik Klingenthal"! Zu Ihren Fragen:

Das Herstellunsjahr ist zwischen 1945 bis 1952 anzusiedeln, dem Zeitraum, in welchem die Firma unter o.g. Bezeichnung existierte. Genauer geht es nicht, da keine Aufzeichungen dazu vorliegen. Leider brachte man im "VEB Sächsische Musik" in den Instrumenten keine Seriennummern ein, womit schon Ihre zweite Frage beantwortet ist.

Die Gravuren auf den Bechern mussten einst sehr fein, d.h. nicht tief und nur mit wenig Druck, eingebracht werden. Grund hierfür ist die Dünnwandigkeit des Messings gerade an dieser Stelle des Schallstücks. Bei zu starkem Druck des Graveurs kam es nicht selten wor, dass man den Schriftzug auch von Innen hat lesen können. Sicher hat dies auch zu einer Übervorsichtigkeit geführt mit dem Resultat, dass die Gravuren im Laufe der Zeit und durch Reparaturen / durchs Polieren verschwinden. An Ihrem Horn wurde auch schon repariert, der Fingerhaken nebst der darunterliegenen Platte sind nicht Original.

Zum Alexander-104er: Der Hauptstimmzug wird sicher kürzer gebaut sein müssen, da man wegen des Einbaus des (auch unbetätigten) Stopfventils an der (zylindrischen) Grundlänge sparen muss. Das 6-Loch-Ventil sitz ein Stückchen "weiter oben" bzw. evtl. sogar die 3 Ventile etwas "weiter unten" im Korpus. Diese Verschiebung und somit auch Verlängerung muss durch Lürzung an einer geeigneten Stelle wieder kompensiert werden.


Mit freundlichen Grüßen

Mario Weller

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